Berlin, 25. Mai 2023 – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) kritisiert Pläne der Ampelkoalition, wonach im Pflegeunterstüt- zungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) durch die Hintertür Änderungen an der Notfallversorgung beschlossen werden sollen.
Bislang sah die Reform der Notfallversorgung eine Intensivierung der Patienten- steuerung vor: nach einer qualifizierten Ersteinschätzung sollten Patientinnen und Patienten je nach Schwere und Dringlichkeit ihrer Erkrankung in die richtige Ver- sorgungsebene vermittelt werden, Vertragsarztpraxen, integrierte Notfallzentren oder stationäre Notaufnahmen. Eine Richtlinie für dieses Ersteinschätzungsverfah- ren hat der hiermit beauftragte Gemeinsame Bundesausschuss bereits erarbeitet und steht kurz vor Beschlussfassung.
Die Notwendigkeit dieser Richtlinie, geschweige denn einer Ersteinschätzung scheint jedoch nun obsolet. Die Mitwirkenden der Regierungsparteien im Aus- schuss für Gesundheit haben am gestrigen Tage den Antrag einer geplanten Än- derung in § 120 Absatz 3b SGB V (Änderungsantrag Nr. 5) gebilligt. Diese Ände- rung würde es den Krankenhäusern künftig ermöglichen, Patientinnen und Pati- enten zu jeder Tageszeit zu behandeln, auch wenn bzw. obwohl sie laut Erstein- schätzung eigentlich gar nicht dafür qualifiziert würden.
Hierzu Dr. Dirk Heinrich, SpiFa-Vorstandsvorsitzender: „Mit dieser Änderung wird das gesamte Ersteinschätzungsverfahren ad absurdum geführt. Wenn eine Patien- tin oder ein Patient mitten am Tag in einer Notaufnahme aufschlägt, sind logi- scherweise alle Bereitschaftsdienstpraxen noch geschlossen. Da man aber theore- tisch nur an diese weiterleiten darf, nicht aber an eine ,normale‘ zu diesen Uhr- zeiten regulär geöffnete Vertragsarztpraxis, soll den Krankenhäusern nun erlaubt werden, selber zu behandeln. Damit sind die gesamte Systematik und das Versor- gungsziel außer Kraft gesetzt.“
Der SpiFa bemängelt in diesem Zusammenhang erneut die Übergriffigkeit der Ge- sundheitspolitik in den Kompetenzbereich der Selbstverwaltung. Darüber hinaus bekräftigt er die Forderung nach einem absoluten Aufnahmeverbot von Patientin- nen und Patienten für Krankenhäuser ohne integrierte Notfallzentren. Dieser As- pekt fand in der Empfehlung der Regierungskommission keine Berücksichtigung und muss unbedingt vom Gesetzgeber noch aufgegriffen werden.